TERRA.VITA - NEWS

Große Regionale Waldkonferenz


Angespannte Lage, aber kein "Waldsterben 2.0"
Die Wetterextreme der beiden vergangenen Jahre sind auch an den Wäldern im Landkreis Osnabrück nicht spurlos vorbeigegangen. Nun fand im Kreishaus Osnabrück die erste „Große Regionale Waldkonferenz“ statt. Ziel war es, den Zustand der Wälder im Natur- und Geopark TERRA.vita darzustellen. Michael Siefker, Gebietsmanager der FFH-Gebietskooperation nördlicher Teutoburger Wald/Wiehengebirge, begrüßte gut 120 Teilnehmer aus rund 50 verschiedenen Verbänden und Institutionen.

 

Vertreter aus Naturschutzverbänden, Landkreis, Politik, Forstverwaltung, Waldbesitz, Jägerschaft, Tourismus und Umweltbildung waren ins Kreishaus gekommen. In seinem Grußwort sagte Landrat Michael Lübbersmann: „Wir sind Waldbauerregion, und wir haben im Osnabrücker Land, bedingt durch unsere geologische Vielfalt, ein Waldkulturerbe geschaffen, auf das unser Waldbesitzer und Förster stolz sein können. Sei es nun von Natur aus gewachsen oder durch waldbauliches Geschick geformt.“ Rudolf Alteheld, Leiter des Geschäftsbereichs Forstwirtschaft der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, lobte in seinem Grußwort das Engagement des Landkreises Osnabrück, das im vergangenen Jahr durch eine große finanzielle Unterstützung der Waldbesitzer beim Borkenkäfermonitoring seinen Ausdruck fand und niedersachsenweit bis heute einmalig ist.

 

Reinhard Ferchland (Leiter des Niedersächsischen Forstamts Weser-Ems) und Florian Stockmann (Leiter des Forstamts Weser-Ems der Landwirtschaftskammer Niedersachsen) stellten in ihrem Vortrag die Lage im Landeswald und im privaten Waldbesitz dar: Dauerregenperioden, Sturmtiefe, Dürre und Trockenheit hätten seit Ende 2017 dem Wald zugesetzt. Und nicht zuletzt die explosionsartige Vermehrung der Borkenkäfer hätten Förster und Waldbesitzer unter Dauerstress gehalten. Dazu äußerten sich die Fachleute zu den eingeleiteten forstlichen Maßnahmen sowie zur angespannten Holzmarktlage und neuen Absatzstrategien. Nachdem sich bereits im Jahr 2018 massive, flächendeckende Ausfälle in der Fichte abgezeichnet hätten, sei nach dem heißen Sommer 2019 auch die Rotbuche massiv beeinträchtigt.

 

Die Bezeichnung „Waldsterben 2.0“ lehnten jedoch alle Referenten ab, da diese wetterbdingten, auf natürliche Weise entstandenen Waldschäden in keinerlei Zusammenhang mit der Ursache des Waldsterbens der achtziger Jahre stünden. Die Frage, ob hierfür bereits der Klimawandel verantwortlich sei, gelte es nun durch wissenschaftliche Erkenntnisse zu ergründen.

 

Doch klar ist: Diese einschneidenden Ereignisse werden den Wald und die mit ihm verbunden Akteure noch die kommenden Jahrzehnte beschäftigen. Seien es nun die Umstellung auf eine klimaangepasstere Baumartenwahl, die Neubegründung- und Aufforstung von vielen Hektar an Waldflächen mit einer nachfolgenden kontinuierlichen Waldpflege oder einem verbesserten Jagdmanagement, damit die neuen Wälder auch ohne den Schutz von Zäunen wachsen können.

 

Während Ferchland zu Besonnenheit bei der Wiederbewaldung aufrief und davor warnte, in Aktionismus zu verfallen, hoffte Stockmann auf eine ausreichen Bereitstellung an Mitteln aus dem Landeshaushalt, um den privaten Waldbesitzern bei der Neubewaldung finanziell zu unterstützen. Da die Waldbesitzer fast nur die Erntekosten decken könnten, sei es ihnen unmöglich, diese Herausforderung alleine zu stemmen. „Wir werden wieder Wald auf die Freiflächen kriegen“, sagte Ferchland abschließend.

 

Am Nachmittag beschäftigten sich zwei Vorträge mit den künftigen Möglichkeiten und Chancen. Diana Jacobi, Leiterin des Projektes „Train4clim“ bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, referierte in über das Potential natürlicher Wiederbewaldungsprozesse, wie gelenkter Naturverjüngung und Sukzession sowie Mischungssteuerung verschiedener Baumartenkonstellationen.

 

Den Abschluss machte Rainer Städing von den Niedersächsischen Landesforsten. Er referierte über die waldbauliche Entwicklung des Forstortes Erdmannshausen im heutigen Forstamt Nienburg. Hier begründete vor mehr als einhundert Jahren der Forstmeister Erdmann ausgehend von Kiefernmonokulturen schlechtester Vitalität durch die gezielte Beimischung von verschiedensten Baumarten Waldbestände, die bis heute ein Vorkommen von teilweise bis zu sieben verschieden Wirtschaftsbaumarten auf einer Fläche aufweisen. Das Forstrevier Erdmannshausen steht bis heute für die eindrucksvollsten Mischwaldbestände in den Niedersächsischen Landesforsten. Es ist aufgrund seiner Durchmischung das Revier in den Landesforsten, in dem es derzeit die wenigsten wetterbedingten Ausfälle bei den Bäumen gibt.


18 September 2019
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